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Veranstaltungen

Hotspot Mali – Bundeswehr, koloniale Kontinuitäten, Islamismus

Für die deutschsprachige Öffentlichkeit wird über das westafrikanische Land Mali häufig unter folgenden Schlagworten berichtet: Bundeswehreinsatz. Islamismus. Fluchtursachen. Aber was genau machen „wir“ dort überhaupt? Am 3. Dezember 2022 fand unsere entwicklungspolitische Veranstaltung „Hotspot Mali- Bundeswehr, koloniale Kontinuitäten, Islamismus- Wie raus aus der Dauerkrise in Westafrika?“ im Bürgerhaus Stollwerck statt, die zum Ziel hatte, über die Hintergründe und Entwicklung der sogenannten Vielfachkrise in der Region Westafrika aufzuklären. Besonders im Fokus stand hierbei die Frage, in welchem Zusammenhang die Kolonialzeit mit diesen Entwicklungen steht und wie sich koloniale Kontinuität in der Lebensrealität der Menschen vor Ort auch heute noch bemerkbar macht.

Rund 120 Teilnehmende konnte Geschäftsführer Momo Sissoko zum Auftakt der Veranstaltung begrüßen. Neben Vertreter:innen aus der kommunalen Politik waren auch Akteur:innen der Entwicklungszusammenarbeit sowie aus der Zivilgesellschaft im Publikum vertreten. In seiner Begrüßungsrede erläuterte Momo Sissoko die Hintergründe der Entwicklungen in Mali und Westafrika, die wichtig sind, um die aktuelle Situation vor Ort nachvollziehen zu können: Die Folgen des Angriffs auf den lybischen Präsidenten Muammar Al-Gaddafi im Jahr 2011; das Scheitern der UN-Mission MINUSMA; das Misstrauen gegenüber europäischen Staaten und transnationalen Institutionen wie den UN; und die Suche nach neuen militärischen Kooperationen.

Nach der Begrüßungsrede richtete sich als erster Bürgermeister Dr. Ralph Elster, mit einem Grußwort an die Anwesenden. Er betonte die Wichtigkeit der Veranstaltung für eine Verbesserung der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit, und das Anliegen der Stadt Köln, an dieser Stelle als Förderin aktiv zu werden.  Im Anschluss wurde die malische Botschafterin Oumou Sall-Seck aus Berlin zugeschaltet, die in ihrer Funktion als Diplomatin einen Einblick in die außenpolitische Arbeit gab.

Moderatorin Mariama führte durch die folgenden Redebeiträge der Expert:innen, die durch ihre unterschiedlichen Perspektiven einen sehr vielseitigen Einblick in das Thema gaben. Sie berichteten auf der Grundlage eigener Erfahrungen aus der interkulturellen Bildungsarbeit, der eigenen Flucht- oder Migrationsgeschichte oder der Arbeit vor Ort.

Am Beispiel des sprichwörtlichen Eisberges erläuterte Serge Palasie beispielsweise die Faktoren, die in Verbindung mit dem Begriff Flucht stehen. Ist von Flucht die Rede, zeigt sich in unseren Köpfen in der Regel ein Bild von vollen Schlauchbooten auf dem Mittelmeer. Doch unter der (auch sprichwörtlichen) Wasseroberfläche passiert noch so viel mehr- auch lange bevor und nach der Flucht selbst. Beispielhaft wurde in diesem Kontext auch über die bürokratischen Hürden sowie die emotionale Mehrfachbelastung im Migrationsprozess gesprochen.

Eindrücklich fanden auch Erzählungen über die vorkoloniale Geschichte des Landes Mali ihren Platz auf der Bühne. Diese Darstellungen erlaubte es, den Blickwinkel auf Migration einmal mehr zu verschieben. Die Kolonialmächte hätten damals mit Sicherheit nicht um Einreiseerlaubnis gefragt und auch nirgendwo Papiere ausgefüllt, sagte Elizaveta Khan von Inhouse e.V. in ihrem Vortrag “Welche Augenhöhe?”.

Es wurde schnell deutlich: es gibt nicht nur ein Narrativ um den Migrationsbegriff. Die Assoziationen, die er weckt, unterscheiden sich in Abhängigkeit dessen, wer sich wohin bewegt. Es gab viele Anstöße, die zum Nachdenken anregten. Je weiter die Veranstaltung fortschritt, desto mehr konnte die Tragweite des Themas erfasst werden. Ausgehend von der Konstruktion von Nationalstaatlichkeit kamen auch philosophische Fragen auf. Gibt es ein Recht, Rechte zu haben? Wie legen wir fest, was Gerechtigkeit ist? Und ist Augenhöhe in einer rassistisch strukturierten Welt überhaupt möglich?

In der Podiumsdiskussion, die den Redebeiträgen der Expert:innen folgte, hatte das Publikum die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Das Angebot des offenen Austausches wurde von den Teilnehmenden gerne angenommen, und so kamen unterschiedliche Positionen an diesem Abend miteinander ins Gespräch. Manche teilten auch eigene Eindrücke und Erfahrungen der Situation in Westafrika oder ihrer eigenen Migrationsgeschichte. Auch die Frage, welche Konsequenzen und Verantwortlichkeiten sich aus dem Gehörten für Akteur:innen in Politik und Entwicklungszusammenarbeit ergeben, wurde kritisch diskutiert.  

Es gab aber nicht nur ernste Inhalte an diesem Tag. Comedienne Ayan Ali sorgte zwischendurch für eine kurze Auflockerung und brachte das Publikum wieder zum Lachen. Und nachdem die Gäste sich am Ende des offiziellen Teils am reichhaltigen Buffet mit westafrikanischen Spezialitäten gestärkt hatten, luden die Beats von DJane Burcu zum Tanzen ein.

Durch die vielseitigen Beiträge konnten die Teilnehmenden an diesem Tag ein Verständnis für die Komplexität und Multidimensionalität der Situation in Westafrika bekommen und Impulse für einen Perspektivwechsel in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit mitnehmen.

Der Tag stand ganz im Sinne der Vernetzung und des Austausches und die Möglichkeit des Gespräches wurde bis weit in den Abend von vielen Teilnehmenden angenommen. Durch die hier entstandene Vernetzungsplattform, können migrantische und heimische Akteur:innen aus Politik, Zivilgesellschaft und Wirtschaft zukünftig gemeinsam tätig werden. Wir sind zuversichtlich, dass sich der, durch die Veranstaltung geförderte, Austausch über das Projekt hinweg nachhaltig etabliert, um so zu einer sensibleren entwicklungspolitischen Zusammenarbeit beizutragen.

Wir bedanken uns bei der Interkulturellen Promotorenstelle Migrafrica und House of Resources für die Kooperation, bei unseren Förderinnen, der Stadt Köln und der Aktion Neue Nachbarn, für ihre Unterstützung.

Partner StadtKoeln
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